Jubiläum

Wenn mir heute jemand sagt „Du kommst ja auch nur alle Jubeljahre einmal…!“, dann weiß ich, dass ich in seiner Wahrnehmung öfter kommen sollte.

Am Weihnachtsfest des Jahres 1300 rief Papst Bonifatius VIII. zum ersten Mal ein annus iubilaeus, ein Jubeljahr, aus. Der Papst gewährte in diesem kalendarisch besonderen Jahr den Rompilgern einen vollständigen Ablass – damit gemeint: die Vergebung aller Sünden.

Das Jubeljahr hat seinen Ursprung im antiken Judentum. Im Alten Testament findet sich im Buch Levitikus ein Gesetzestext, nach dem alle 7×7 Jahre das 50. Jahr ein יוֹבֵ֥ל (jobel) Jahr zu sein hat. Das Wort jobel, von dem sich dann das lateinische Wort jubilaeus ableitet, bedeutet Widder. Es ist vermutlich eine Anspielung auf das Widder-Horn – ein Instrument, mit dessen Erschallen das jüdische Jobel-Jahr beginnt.

Gemäss der Bibel kam es für alle Bewohner des Landes in diesem Jahr zur Freilassung der Sklaven; zur Erlassung der Schulden; und zur Rückgabe von Landbesitz an die ursprünglichen Besitzer. Anders als bei Papst Bonifatius ging es ursprünglich beim jobel-Jahr weniger um moralische Schuld als vielmehr um wirtschaftliche Schulden. Da nach jüdischem Verständnis das Land letztlich immer nur Gott gehört, drückte das Jobeljahr die Hoffnung aus, dass der Gott Israels ein Barmherziger Gott ist. Ein Gott, der jedem Menschen – unabhängig jeglicher Schuld – nach 7×7 Jahren neu anfangen lässt.

Sollte mir mein Freund wieder einmal vorwerfen, ich käme ja nur „alle Jubeljahre einmal“, wird er sehen, dass er masslos übertreibt. Denn 50 Jahre vergehen sicher nicht, bis ich ihn wieder besuche.