Brockenhaus

Kürzlich bei einem Rundgang durch eines der Brockenhäuser meiner Stadt: In der Ecke, wo sich das Geschirr türmt, da entdeckte ich eine Tasse. Nicht irgendeine Tasse. Algengrün war sie und durch den Brennvorgang wies sie ein eigentümliches braunes Fleckenmuster auf. Sie ist ein Stück des ersten Tafelgeschirrs meiner Kindheit.

Längstens ist davon der letzte Suppenteller zerschlagen oder entsorgt worden, und so weckte die Tasse im Brockenhaus viele Erinnerungen. Ich konnte nicht wiederstehen und kaufte die Tasse für 4 Fr.

Brockenhäuser sind Fundgruben, es sind die Einkaufszentren für die, mit kleinen Budgets, es sind Orte für nostalgische Momente.

Brockenhäuser gibt es noch gar nicht so lange. Erst mit dem Beginn der industriellen Revolution, dem Beginn der Überproduktion und der ansteigenden Armut in den Städten entstand die Idee der Brockenhäuser.

1872 eröffnete der deutsche Pastor Friedrich von Bodelschwingh eine Anstalt für «Fallsüchtige» und betrieb dort zugleich eine Sammelstelle für Gebrauchtwaren, die günstig weiterverkauft wurden. Diese Sammelstelle nannte er Brockenhaus.

Pastor Bodelschwingh knüpfte dabei an ein biblisches Motiv an. Gleich an mehreren Stellen im Neuen Testament berichten die Evangelien von der wundersamen Speisung. Jesus segnet eine Handvoll Brote und Fische und lässt diese unter Tausenden verteilen. Als sich alle satt gegessen hatten, die übriggebliebenen Brocken eingesammelt wurden, füllten sich mehrere Körbe mit den Essens-Brocken. (Mk 6, 35–44; Mk 8, 1–9; Mt 15, 32–38; Mt 14, 13–21; Lk 9, 10–17; Joh 6, 1–13)

Auch heute lässt sich beim Schlendern durch das Brockenhaus so mancher Korb füllen oder man findet eben nur eine Tasse – diese jedoch randvoll mit Erinnerungen.