Ikone

Wer würde nicht gerne Gott sehen? Leider schiebt das alttestamentliche Verbot, sich von Gott ein Bild­nis zu machen (Ex 20,4; Dtn 5,8-10), diesem Ansinnen einen Riegel vor.

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In der Tradition der orthodoxen Kirche gibt es allerdings eine Art Fenster, durch das wir einen Blick auf das Paradies werfen können: die Ikone. Sie ist ein Kultbild, meist aus Holz gefertigt, dass das Antlitz Jesu, Marias, eines anderen Heiligen oder eine biblische Szene zeigt. Der Zweck der Ikone besteht darin, im gläubigen Christen Andacht auszulösen. Als materieller Gegen­stand wird sie nicht angebetet, das wäre Götzendienst. Doch sie darf verehrt werden, wenn die Verehrung der hinter der Ikone stehenden Glaubenswahrheit gilt, also beispielsweise Christus als dem lebendigen Sohn Gottes. Die Ikone wird so zum Fenster zum Paradies. Sie ist als Mittlerin zwischen Diesseits und Jenseits fest im Glauben verankert. Ihr meist goldener Hintergrund weist auf das göttliche Leuch­ten im Himmel hin. Die griechischen Mönche sagen, eine Ikone würde nicht von einem Künstler „gemalt“, sondern von einem betenden Christen „geschrieben“, so wie das Wort Gottes.

Als Ebenbild des unsichtbaren Gottes (Kol 1,15) darf Christus auf Ikonen bildlich dargestellt werden. In ihm ist Gott auf Erden den Menschen sichtbar erschienen und hat auf diese Weise selbst das alttestamentliche Bildverbot durchbrochen. Deshalb ein Tipp zum Schluss: Es lohnt sich, bei der nächsten Ikone, die ich sehe, darauf zu achten, wie nicht ich die Ikone ansehe, sondern Christus auf der Ikone mich ansieht.