Tradition

Tradition…!“ – Mit diesem Ausruf erlangte er Weltruhm, Tevje, der berühmte Milchmann aus Anatevka im Musical ‚The Fiddler on the Roof‘ von Sholem Alejchem. In hintergründigen Monologen denkt der verarmte Tevje über die Heiratswünsche seiner Töchter nach und wägt das Für und Wider der jüdischen Tradition ab. Er weiss, was er an seiner Tradition hat, aber er hadert auch mit ihr und das macht ihn auch aus theologischer Sicht sympathisch.

Holzofenbrot Wikimedia
Holzofenbrot (Wikimedia)

Wer Tradition sagt, meint zuerst Qualität: Das Bier wird nach dem traditionellen Reinheitsgebot gebraut und verspricht ungetrübten Trinkgenuss. Der Bäcker wirbt für sein Holzofenbrot mit dem Slogan „Aus Tradition gut“. Und wenn ein Backrezept von Generation zu Generation weitergegeben wird, passt das zur ursprünglichen Bedeutung des Wortes, denn das lat. traditio  heisst „Weitergabe, Überlieferung“.

Bei der Weitergabe des Glaubens ist es oft schwieriger als beim Bäcker: Die Kirche bäckt mit traditionellen Zutaten, aber der Geschmack der Kunden hat sich verändert. Den einen schmecken nur die alten Rezepte, die anderen wünschen sich längst neue. Die Konservativen wollen ängstlich die Vergangenheit retten und sind blind für die Gegenwart. Den Progressiven gehen die dringend nötigen Reformen nicht schnell genug. Für beide gibt es ein modernes Rezept, das selber wiederum traditionell ist: „Prüft alles, behaltet das Gute“ sagt Paulus im 1. Thessalonicherbrief Kap. 5  Vers  21.

Weil Tradition heisst, sich glaubend dem Wandel zu stellen, können wir als Kirche in Zukunft  ruhig noch mutiger mit dem Slogan werben „Aus Tradition gut“. Genau wir der Bäcker von nebenan, dessen Steinofenbrot Qualität hat und so wunderbar duftet.

Verdammt

«Verdammt». «Du verdammter Idiot». Wir verdammen jeden Tag.

Der Ursprung des Wortes steckt im lateinischen «damnare». Büssen lassen, verurteilen, verwerfen.

Mit dem Verb «verdammen» verurteilen, kritisieren und verwerfen wir jemanden oder etwas (hart beziehungsweise vollständig). Oder aber wir zwingen oder verurteilen ein Subjekt oder eine Sache zu etwas: die Menschen sind zur Armut verdammt.

Das Nomen «Verdammnis» hingegen meint das Verworfensein (vor Gott) oder Höllenstrafe. In der kirchlichen Lehrtradition des Mittelalters wurde «Verdammnis» weithin als Synonym für Hölle gebraucht und betonte das Verfehlen des letzten Ziels im Leben eines Menschen: die Anschauung Gottes. Desweiteren wurde es von der Kirche bis in die Neuzeit als Strafe für häretisches Handeln ausgesprochen. Damit verbunden war der Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft.

Heute benutzen wird am häufigsten «verdammt»; als Steigerungsform von «sehr gross» beziehungsweise als Intensivierung eines Adjektivs oder Verbes: «verdammt gross»; «verdammt schön». «Verdammt» als Fluchwort drückt Wut, Ärger oder ähnliches aus und unterstreicht das im Nomen «Verdammnis» Ausgedrückte. Wird eine Sache verdammt, untermalt es deren Widerwärtigkeit oder Unannehmlichkeit: dieser verdammt Regen. Zusätzlich auf eine Person bezogen bringt es eine Verwünschung zum Ausdruck. Einem «verdammten Idioten» wünschen wir also rein etymologisch eine Höllenstrafe und das damit verbundene Verfehlen des letzten Ziels im Leben dieses Menschen. Ob der Idiot das verdient hat, steht auf einem anderen Blatt.

Gnade

Über Gott kann man viele Fragen stellen. Es kann z.B. nach seiner Existenz oder nach seinem Wesen gefragt werden. Hier soll aber nach der Beziehung zwischen Mensch und Gott gefragt werden. Für diese wird in der Theologie der Begriff GNADE gebraucht.

Gnade erinnert an eine Gerichtsszene, in welcher der Richter Gnade walten lässt. Er bringt gegenüber dem Täter Gunst und Wohlwollen zum Ausdruck. Daran wird deutlich, dass Gnade dem Menschen Gutes will. So auch beim Aufeinandertreffen von Mensch und Gott.

Manche wollen eine Gottesbegegnung an Bedingungen knüpfen. Für die Theologie ist allerdings klar, dass es für eine Begegnung mit Gott keine Bedingungen gibt. Er ist da und will den Menschen treffen. Eine von Liebe durchdrungene Beziehung ist nur in Freiheit möglich. Denn Beziehung setzt voraus, dass diese von beiden Seiten gewollt ist. Diese Beziehung soll dem Menschen helfen sein Leben zu meistern. Bei Trauer soll sie Trost schenken, bei Herausforderungen stärken und bei Freude soll die Freude vermehrt werden.

Eine Begegnung mit Gott setzt also keine Bedingungen voraus, bringt jedoch Konsequenzen mit sich. Gott hinterlässt Spuren im Leben. Diese sollen den Menschen bestärken, auch in seinem Leben den Mitmenschen in derselben positiven Weise beizustehen.

Wenn nun in der Theologie von Gnade gesprochen wird, spricht sie von diesem bereichernden Beziehungsgeschehen zwischen Gott und Menschen.

Vatikanum I

Wir schreiben den 18. Juli 1870. In Rom haben sich in St. Peter, der grössten Kirche der Christenheit, 535 kirchliche Würdenträger – Bischöfe, Kardinäle, Patriarchen – und Papst Pius IX. versammelt. Draussen tobt ein Sturm, Gewitterböen peitschen über den Petersplatz, es zucken Blitze herab und Schlag auf Schlag dröhnt der Donner, dass die Peterskuppel erzittert.

Drinnen findet die Schlussabstimmung statt. Bei zwei Gegenstimmen – um den Papst nicht zu beleidigen, waren schon Tage zuvor etwa 20 Prozent der Bischöfe in ihre Heimat abgereist – wird die dogmatische Konstitution „Pastor aeternus“ angenommen. Mit dieser erfolgt die endgültige Festschreibung der lehramtlichen Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen und der vollen und obersten Jurisdiktionsgewalt des Papstes über die römisch-katholische Kirche.

Das Erste Vatikanische Konzil (Vaticanum I).
Konzilsaula St. Peter, 1870, Rom.

Die Abstimmung vom 18. Juli 1870 war zugleich die letzte grosse Versammlung des 1. Vatikanischen Konzils. Die ursprüngliche Planung hatte zwar eine Fortsetzung im Herbst vorgesehen. Aber es kamen andere Ereignisse dazwischen. Einen Tag nach der Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas brach der Deutsch-Französische Krieg aus und am 20. September 1870 besetzten die Italiener Rom. Mit dem Zusammenbruch des Kirchenstaats verlor der Papst die Souveränität über ein staatliches Gebilde, das seit 756 bestanden hatte.

In einem Konzil versammeln sich Bischöfe und andere kirchliche Würdenträger, um über theologische und disziplinäre Fragen zu diskutieren. Ihre Beschlüsse gelten als gesamtkirchlich bindend. Das Vatikanum I wurde am 8. Dezember 1869 in St. Peter in Rom eröffnet. Es war nach katholischer Zählung das 20. ökumenische Konzil. Darunter befindet sich auch Basel als das Einzige auf Schweizer Boden tagende Konzil (1431 bis 1449).

Psalm 23

Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.

Diese Worte aus dem Psalm 23 versteht am besten, wer als Reisender auf dem Weg durch die Wüste von Jerusalem und Jericho unterwegs ist. Oder folgender Vers, der auf einem Wüstenweg besonders gut vorstellbar ist, wo es heisst:

Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil.

Der Psalm 23 ist wahrscheinlich der bekannteste der 150 Psalmen in der Bibel, die im Buch der Psalmen, dem Psalter, zusammengetragen wurden. Die Psalmen gehören zum Alten Testament und waren ursprünglich eine Sammlung religiöser Lieder des jüdischen Volkes. Diese Lieder wurden mit Instrumenten begleitet, wie zum Beispiel der Leier. Der Begriff „Psalm“ kommt vom griechischen „psalmos“, was auf Deutsch „Saitenspiel“ bedeutet. Die Psalmen sind Lieder oder Gedichte, die bis heute Teil des jüdischen Gottesdienstes sind. Die Texte drücken spirituelle Erfahrungen wie Dankbarkeit, Trost, Hoffnung, Lob und Bitte aus.

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Wadi Qelt bei Jericho (Wikimedia)

In ihrem Aufbau folgen die Psalmen einer bestimmten Struktur, die in der hebräischen und griechischen Literatur als „Parallelismus“ bekannt ist: Satzfolgen sind identisch aufgebaut. Wenn es etwa heisst: „Du deckst mir den Tisch, vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher.“

Durch die Wiederholungen wird die Aussage verstärkt. Obwohl die Psalmen in der Zeit des babylonischen Exils der Juden verfasst wurden und bereits 3000 Jahre alt sind, sind sie bis heute fester Bestandteil der Gebete von Juden und Christen.

Nonne

Eine junge Frau tritt ins Kloster ein mit dem Ziel, Nonne zu werden: Eine Entscheidung, die heutzutage nur wenige nachvollziehen können. Nonne ist ein Begriff, den man im Alltag nicht oft hört. Immerhin: Wir wissen, dass eine Nonne im Kloster lebt und einen Schleier trägt. Doch wer genau sind Nonnen, und was ist ihre Aufgabe?

Bronzestatue einer Nonne.
Bronzestatue einer Nonne.

Nonne stammt von „nonna“ ab, Latein für „Amme“ oder „ehrwürdige Mutter“. Genau genommen versteht man unter Nonne eine in Klausur lebende Ordensfrau, welche die drei feierlichen Gelübde abgelegt hat, nämlich ein Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam. Der Ursprung dieser Lebensweise geht bis ins frühe Christentum zurück, als sich Frauen in Gemeinschaften zusammenschlossen, um ihr Leben Gott zu weihen.

Nonnen waren lange Zeit vor allem als Krankenschwester oder Lehrerin tätig. Obwohl es diese Berufe auch heute noch gibt, hat sich der Schwerpunkt der Einsatzgebiete in den Bereich der Seelsorge verschoben. Heute arbeiten viele Nonnen als Pastoral- und Gemeindereferentinnen. Ein wichtiger Auftrag einer Nonne ist auch, sich um die Schwachen und Ausgestossenen zu kümmern. Dies ist ein Auftrag, dessen Stellenwert sich über die Zeit nicht verändert hat, wenn er auch anders aussieht als im 19. Jahrhundert.

Die Hauptaufgaben einer Nonne liegen im Bereich der Krankenpflege, der Erziehung und der Seelsorge. Obwohl Klöster in der heutigen Zeit ums Überleben kämpfen und immer weniger Frauen ein Leben als Nonne anstreben, gibt es sie immer noch: Frauen, die ein Leben als Nonne und die Nähe zu Gott suchen und sich für diesen Lebensweg entscheiden.

Koscher

Das ist mir nicht ganz koscher.

Die Redensart ist allseits bekannt. Doch was steckt dahinter?

Sitzt eine jüdisch-orthodoxe Familie bei Tisch, spielen die Speisegesetze aus dem Alten Testament eine grosse Rolle, die sogenannten Kashrut. Wichtig waren die Speisegesetze im Zusammenhang mit der Unterdrückung durch den babylonischen Herrscher Nebukadnezar. Weit entfernt von ihrer heiligen Stätte fanden die Israeliten durch die Speisegesetze einen Zusammenhalt, und der Glaube an Gott wurde aufrechterhalten. Aus den Kashrut geht hervor, welche Lebensmittel für Juden koscher und welche trefe sind.

Ihre Ursprünge haben die Wörter koscher und trefe im Hebräischen. Während koschere Lebensmittel rein und einwandfrei zu geniessen sind, sollten die trefen von Juden gemieden werden, denn sie sind unrein.

Milchprodukte und Fleischerzeugnisse müssen strikt getrennt werden, denn in der Thora steht:

Du sollst ein Böckchen nicht in der Milch seiner Mutter kochen.

Dieses Trennen von Fleisch und Milch führt einerseits zu langen Wartezeiten beim Essen, und andererseits auch zu geteilten Küchen und doppeltem Geschirr und Besteck.

Vierbeinige, wiederkäuende Landtiere und ihre Milch sind koscher. Damit das Fleisch auch wirklich rein ist, muss es von einem jüdischen Metzger geschächtet werden. Dieser lässt das Schlachttier ausbluten, denn der Jude nimmt kein Blut zu sich, da im jüdischen Glauben die Seele des Lebewesens im Blut steckt. Anschliessend wird das Fleisch mit Hilfe von Salz und Wasser vom letzten Rest Blut befreit. Lebt das Tier dagegen im Wasser, so muss es zwingend Schuppen und Flossen besitzen, damit man es essen darf. Auf dem Boden kriechende Insekten sind trefe.

Wenn wir also das nächste Mal einen Schokoriegel essen, wissen wir jetzt, dass der nicht ganz koscher ist.

Trinität

Erinnern Sie sich an die die Atheismus-Kampagne mit den provokanten Slogans: „Es gibt (wahrscheinlich) keinen Gott.“? Aus der Sicht des Gläubigen gibt einen Gott, und er ist trinitarisch. Doch was heisst das eigentlich?

Renaissance-Gemälde von Jeronimo Cosida: äußerer Text: Der Vater ist nicht der Sohn, der Sohn ist nicht der Hl. Geist, der Hl. Geist ist nicht der Vater; innerer Text: Der Vater ist Gott; der Sohn ist Gott; der Hl. Geist ist Gott (lat.)
Renaissance-Gemälde von Jeronimo Cosida: äußerer Text: Der Vater ist nicht der Sohn, der Sohn ist nicht der Hl. Geist, der Hl. Geist ist nicht der Vater; innerer Text: Der Vater ist Gott; der Sohn ist Gott; der Hl. Geist ist Gott (lat.)

Das Wort kommt vom lateinischen Wort „Trinitas“, das Dreiheit bedeutet. Die Dreifaltigkeit, das deutsche Wort für Trinität, beschreibt die Einheit Gottes im Vater, dem Sohn und dem heiligen Geist. Die Lehre der Trinität ist in der Bibel nie direkt erwähnt, sondern nur ein Konstrukt der Menschen.

Um diese Trinitas besser verstehen zu können, gibt es das Sinnbild der Glocke, denn diese kann nur läuten, wenn sie vollständig aus dem Henkel, dem Körper und dem Klöppel besteht. Fehlt der Henkel, lässt sie sich nicht aufhängen. Fehlt der Körper, kann nichts klingen, und fehlt der Klöppel, bleibt die Glocke stumm. Mit der Trinität Gottes ist es ähnlich. Ohne Jesus gäbe es für die Menschen keine Erlösung. Ohne den Heiligen Geist könnten wir keine Beziehung mit Gott führen. Und Gott selbst ist der Ursprung.
Die Trinitätslehre kann bis ins 4. Jahrhundert nach Christus zurückverfolgt werden.

Heute wird die Lehre von der Trinität von den meisten christlichen Kirchen vertreten. Der erste Sonntag nach Pfingsten wird auch Dreifaltigkeits- oder Trinitatissonntag genannt. Die meisten Gläubigen sind aber der Meinung, dass man die Trinitätslehre nicht zu 100% verstehen muss, da Gott viel grösser ist, als dass man alles verstehen könnte. Demnach gibt es – wahrscheinlich – einen Gott.

Sabbat

Für die häusliche Sabbatfeier am Freitagabend stellt die jüdische Hausfrau einen Teller mit zwei Broten auf den Tisch, die sie mit einem Tuch zudeckt. Dazu stellt sie einen Becher mit Wein und zündet die Sabbatlichter an, solange Tag ist. Nach Sonnenuntergang beginnt der Sabbat.

Kidduschbecher.
Kidduschbecher.

Der Begriff kommt aus dem Hebräischen und bedeutet ‚beenden’. Der Sabbat ist der höchste Feiertag, der an den siebten Tag der Schöpfungswoche erinnert, Gottes Ruhetag. Er ist eine grosse soziale Errungenschaft, weil alle jüdischen Menschen, ob religiös oder nicht, die Arbeitswoche unterbrechen. Der Sabbat beginnt am Vortag bei Sonnenuntergang. Er wird üblicherweise im familiären Kreis gefeiert. Drei Mahlzeiten sind obligatorisch, die alle nach dem Synagogenbesuch eingenommen werden. Der Sabbat wurde nach dem Babylonischen Exil zu einem zentralen jüdischen Symbol. Charakteristisch für den Sabbat ist die absolute Arbeitsruhe und das Verbot, die Stadtgrenze nicht zu überschreiten, jedenfalls nicht weiter als 2000 Ellen. Heut werden auch in orthodoxen jüdischen Familien elektronische Geräte verboten, da sie ablenken.Der Sabbat wird nach Einbruch der Nacht mit der Zeremonie der Hawdala, der Unterscheidung, beendet. Das ist die Trennung zwischen Feiertag und Werktag.

Im 18. Jahrhundert wurde eine staatlich verordnete Sonntagsruhe auch in christlichen Ländern eingeführt, die eigentlich vom jüdischem Feiertag abstammt. Die Juden wurden gezwungen, ihre Geschäfte für 2 Tage zu schliessen. Dies benachteiligte sie wirtschaftlich stark.

Wer heute ins multikulturelle Jerusalem kommt, kann etwas kurioses erleben: Manche Geschäfte haben drei Tage infolge geschlossen: Am muslimischen Freitag, am jüdischen Sabbat und am christlichen Sonntag.

Ikone

Wer würde nicht gerne Gott sehen? Leider schiebt das alttestamentliche Verbot, sich von Gott ein Bild­nis zu machen (Ex 20,4; Dtn 5,8-10), diesem Ansinnen einen Riegel vor.

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In der Tradition der orthodoxen Kirche gibt es allerdings eine Art Fenster, durch das wir einen Blick auf das Paradies werfen können: die Ikone. Sie ist ein Kultbild, meist aus Holz gefertigt, dass das Antlitz Jesu, Marias, eines anderen Heiligen oder eine biblische Szene zeigt. Der Zweck der Ikone besteht darin, im gläubigen Christen Andacht auszulösen. Als materieller Gegen­stand wird sie nicht angebetet, das wäre Götzendienst. Doch sie darf verehrt werden, wenn die Verehrung der hinter der Ikone stehenden Glaubenswahrheit gilt, also beispielsweise Christus als dem lebendigen Sohn Gottes. Die Ikone wird so zum Fenster zum Paradies. Sie ist als Mittlerin zwischen Diesseits und Jenseits fest im Glauben verankert. Ihr meist goldener Hintergrund weist auf das göttliche Leuch­ten im Himmel hin. Die griechischen Mönche sagen, eine Ikone würde nicht von einem Künstler „gemalt“, sondern von einem betenden Christen „geschrieben“, so wie das Wort Gottes.

Als Ebenbild des unsichtbaren Gottes (Kol 1,15) darf Christus auf Ikonen bildlich dargestellt werden. In ihm ist Gott auf Erden den Menschen sichtbar erschienen und hat auf diese Weise selbst das alttestamentliche Bildverbot durchbrochen. Deshalb ein Tipp zum Schluss: Es lohnt sich, bei der nächsten Ikone, die ich sehe, darauf zu achten, wie nicht ich die Ikone ansehe, sondern Christus auf der Ikone mich ansieht.