Alle Beiträge von Matteo Tuena

Lectio Divina

Wir befinden uns im Jahr 1150: Der Mönch Guigos lebt in der Grande Chartreuse, dem Mutterkloster der Karthäuser in den französischen Alpen nahe Grenoble. Dort verfasst er eine Schrift mit dem Titel «Scala claustralium», zu deutsch «die Leiter zu Gott»: Darin beschreibt er vier Stufen der Lectio divina. Die Lectio divina ist eine Form des Lesens in der Bibel. Lectio bedeutet schlicht und einfach Lesung (lesen). Es ist aber eine ganz besondere Art des Lesens, nämlich eine meditierende Art, ja eine göttliche Art, in vier Stufen: 1. lectio (Lesung): die Lesung der Bibel, 2. meditatio (Meditation): ständige Wiederholung eines Verses verbunden mit Meditation, 3. oratio (Gebet): Antwort an Gott und 4. contemplatio (Kontemplation): Verweilen in der Gegenwart Gottes und Vereinigung mit ihm.

Die Lectio divina ist eine Suche in der Bibel. Aber eine Suche nach was? Nach 2 Dingen: Gott und sich selber.

Im Kloster leben die Mönche ganz besonders aus der meditativen Lektüre der Schrift. Das menschliche Herz hat ein grosses Verlangen nach Liebe und Sinn, so gross, dass man dies mit einer grossen Klosterkirche vergleichen kann. Die Kirche ist oft dunkel, aber hie und dort scheint ein Sonnenstrahl hinein und erleuchtet die ganze Umgebung. So ist oft auch in uns dunkel und wir sehen und verstehen nichts. Aber durch die Worte der Heiligen Schrift bekommen wir einen Lichtstrahl, der uns zeigt, wo es lang geht. Sicher hat diesen Lichtstrahl damals auch Guigos in seiner Zelle erlebt.

Brezel

Eine frisch gebackene Brezel im Sortiment einer Bäckerei, wer könnte da widerstehen? Doch woher kommen die Brezeln eigentlich?

1595 wurde die erste Brezel im Bild „der Kampf zwischen Karneval und Fasten“ gemalt. Dort kann man auf die rechte Seite Frau Fasten mit vielen betenden und büssenden Leuten sehen und auf der linken Seite wird der Karneval mit seiner ganzen Pracht dargestellt. Die Brezeln liegen zu Füssen von Frau Fasten.

Die Fastenzeit ist in der katholischen Kirche eine 40-tägige Zeit der Vorbereitung auf das Osterfest. Diese Zeit ist geprägt von äusserer und innerer Busse, mit dem Ziel, das Herz zu erneuern für die kommende Feier der Auferstehung Christi.

Der Karneval kommt aus dem Lateinischen carne levare, das Fleisch wegnehmen, und bezeichnet die Zeit vor dem Aschermittwoch, bevor die Askese der Fastenzeit beginnt.
Genau in diesem geschichtlichen Kontext dürfte die Brezel als typische Fastenspeise entstanden sein.

Aber warum wird überhaupt in der Fastenzeit gefastet? Dazu hilft uns die Brezel.
Brezel stammt aus dem lateinischen Wort brachium, der Arm, weil die Form der Brezel an zwei verschlungene Arme erinnert.
Die verknotete Brezel deutet auf eine Umarmung hin. Aber wer umarmt wen? Im Gebet umarme ich Gott und Gott umarmt mich. Gibt es ein schöneres Symbol für die Erneuerung des Glaubens in der Fastenzeit?

Katakombe

Die Calixtus-Katakomben in Rom. (Bild: Daniela R.)

Rom im ersten Jahrhundert, Christenverfolgung, geheime Treffen, Märtyrer; ja klar: All das geschah in den Katakomben! Diese romantische Vorstellung mag schön sein, aber sie ist schlicht und einfach falsch. Nie waren die Katakomben ein Ort, wo sich Christen vor ihren Verfolgern versteckten. Sie waren einfach Grabstätten für die ersten Christen. Aus Platzmangel im antiken Rom haben die Christen begonnen, unterirdische Gänge zu graben, in denen die Toten begraben wurden.

Nach dem 5. Jhd. gerieten die Katakomben mehr und mehr in Vergessenheit, bis man durch die Ausgrabungen der Neuzeit ihre Bedeutung wieder schätzen lernte.

In der Geschichte der katholischen Kirchen im 20. Jhd. haben die Katakomben auch eine symbolische Bedeutung: Am 16. November 1965 fand in der Domitilla-Katakombe eine Bischofsversammlung statt, bei der eine wichtige Erklärung unterzeichnet wurde, der Katakombenpakt. 1962, einige Wochen vor Beginn des 2. Vatikanischen Konzils, hatte Papst Johannes XIII. das Leitmotiv des Konzils bekanntgegeben: Die Kirche sollte eine Kirche der Armen sein. Aber wie? Die Antwort von 40 Konzilsvätern war der Katakombenpakt, in dem Selbstverpflichtungen wie Armut, Einfachheit und das Leben wie die Armen formuliert wurden. Durch den Anschluss von 500 weiteren Bischöfen bekam der Pakt weltweites Gewicht.

Die Katakomben gewannen so einen Teil ihrer romantischen Atmosphäre wieder, weil dort eine mögliche Umsetzung des Konzils angedacht wurde.

Mutter Teresa

Nachdem die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, sagte er: Mich dürstet.

So schreibt es der Evangelist Johannes. Aber was hat dieser Ausspruch Jesu mit Mutter Teresa zu tun?

Agnes Gonxha Bojaxhiu, besser bekannt als Mutter Teresa, wurde 1910 in Skopje, Mazedonien geboren. Mit 18 Jahren trat sie in die Loretto-Gemeinschaft ein und wurde als Lehrerin und Leiterin einer Schule nach Indien geschickt.

Ihr Leben änderte sich radikal, als sie am 10. September 1946 die mystische Stimme Jesu hörte, der zu ihr sprach «Mich dürstet!» Von diesem Tag an ging Mutter Teresa zu den Ärmsten der Armen. In Kalkutta gründete sie die Schwesterngemeinschaft «Missionaries of charity», die Missionarinnen der Nächstenliebe, die heute weltweit verbreitet sind.

Manches an Ihrem Werk wurde kritisiert: schlechte medizinische Versorgung in den Hospizen, Zwangstaufen und Missionierung, intransparente Buchhaltung von Millionen von Spenden. Trotz all dieser Vorwürfe war das Leben und Wirken von Mutter Teresa eine Herkules-Leistung. Dafür erhielt sie 1979 den Friedensnobelpreis.

Doch woher bekam diese Frau die Kraft, um all das zu tun? Nicht Politik, nicht soziales Engagement. Sie selber hat einmal gesagt:

Mein Geheimnis ist ganz einfach: Ich bete. Durch das Gebet werde ich eins mit Christus, wenn er sagt: «Mich dürstet».

Doch wonach dürstet Jesus? Nach Liebe, nach einer Liebe, die sich in der Nächstenliebe vollendet und genau darauf gründete Mutter Teresa ihr Leben.